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Neue Behandlung bei Rheuma: Vagusnerv-Stimulator gegen die Entzündung bei Arthritis

Aktualisiert: 16. Sept.

Die US-Aufsichtsbehörde FDA hat einen Vagusnerv-Stimulator zur Therapie von rheumatoider Arthritis zugelassen. Das kleine Implantat reguliert das Immunsystem mit Hilfe schwacher Stromstöße.



Ein schwaches elektrisches Signal – und eine Autoimmunerkrankung kommt zur Ruhe: Ende Juli 2025 hat die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA erstmals ein Implantat zur Behandlung von rheumatoider Arthritis zugelassen. Das Gerät stimuliert den Vagusnerv. Das ist das weitverzweigte Nervengeflecht, das Herz, Lunge, Magen und Milz erreicht und für Entspannung im Körper sorgt.


Die Idee hinter dem Gerät: Ein feiner Stromstoß aktiviert genau jene Nervenbahnen, die auch der Hirnstamm ansprechen würde, um das Immunsystem zu beruhigen. Die Milz schüttet daraufhin Acetylcholin aus – ein Botenstoff, der überaktive Immunzellen dämpft.


Erste Erfahrungen von Patientinnen und Patienten


Dass das Prinzip funktioniert, zeigt das Beispiel von Pero Dragoje. 2011 gehörte der bosnische Lkw-Fahrer zu den ersten Patienten einer Pilotstudie. Schon kurz nach der Operation verschwanden seine Schmerzen, seit Jahren fährt er wieder Lkw – ohne Medikamente, nur mit dem kleinen Stimulator unter der Haut.


Inzwischen wurde das Implantat an 242 Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis getestet. Die Ergebnisse: weniger geschwollene Gelenke, weniger Schmerzen, weniger Medikamente. Nach einem Jahr waren die Beschwerden bei der Hälfte der Teilnehmenden weitgehend verschwunden.




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Wie schätzen Fachleute den Stimulator ein?


Die FDA zeigte sich von den Studienergebnissen überzeugt und ließ das Implantat für den US-amerikanischen Markt zu. Unabhängige Einschätzungen in einem Fachmagazin stehen jedoch noch aus; der Hersteller Setpoint hat die Studie bislang nicht veröffentlicht.


Fachleute reagierten auf die Zulassung des Implantats vorsichtig optimistisch. Die Wirkung sei mit modernen Biologika vergleichbar, sagte der Leipziger Rheumatologe Christoph Baerwald der Zeitschrift "Die Zeit". Möglicherweise habe das Implantat weniger Nebenwirkungen als Biologika, sie unterdrücken das Immunsystem teils stark.


Ob die Wirkung langfristig anhält, ist unklar. Es seien mehr Daten erforderlich, sagen Fachleute.



Risiken und Grenzen des Vagus-Stimulators


Risiken gibt es vor allem beim Einsetzen des Geräts – vorübergehende Heiserkeit ist eine mögliche Folge.


Der New Yorker Neurowissenschaftler Kevin Tracey, der das Implantat maßgeblich vorangetrieben hat, wertet die Zulassung als Durchbruch. Aber er räumt ein, dass das Implantat nicht allen Menschen mit der Erkrankung rheumatoider Arthritis helfen könne.



Zulassung in Deutschland?


Wann Patientinnen und Patienten in Deutschland von dem Implantat profitieren könnten, ist völlig offen. Hersteller Setpoint hat bislang keinen Antrag auf EU-Zulassung gestellt.


 


Überblick: Hier findest du alle wichtigen Fragen und Antworten zum Vagusnerv-Stimulator bei rheumatoider Arthritis.


Wie wirksam ist der Vagusnerv-Stimulator?


In der großen Zulassungsstudie zeigte sich: Nach einem Jahr waren die Gelenke der Patienten und Patientinnen im Schnitt um 60 Prozent weniger geschwollen oder empfindlich. Bei etwa der Hälfte sank die Krankheitsaktivität von "hoch" auf "niedrig" oder sie waren beschwerdefrei. Medikamente konnten oft reduziert oder sogar abgesetzt werden. Aber: Nicht alle Studienteilnehmenden sprachen auf die Therapie an.



Kann das Implantat rheumatoide Arthritis heilen?


Nein. Der Vagus-Stimulator kann rheumatoide Arthritis nicht heilen, aber die Symptome stark lindern. Fachleute warnen aber vor übertriebenen Erwartungen: Es ist ein neuer Ansatz mit großem Potenzial, aber keine Wundertherapie.



Wie funktioniert das Gerät zur Vagusnerv-Stimulation?


Das Implantat sendet schwache Stromstöße an den Vagusnerv – einen der größten Nervenstränge im Körper, der vom Hirnstamm bis in Organe wie Herz, Lunge, Darm und Milz reicht.


  • Im Hirnstamm gibt es Schaltkreise, die eigentlich das Immunsystem bremsen sollen, wenn es zu stark reagiert.

  • Das Implantat ahmt dieses Signal nach. Es aktiviert gezielt Nervenbahnen im Vagus, die über den Solarplexus in die Milz leiten.

  • Dort wird der Botenstoff Acetylcholin freigesetzt.

  • Acetylcholin hemmt Immunzellen (Makrophagen), sodass sie weniger entzündungsfördernde Zytokine wie TNF-α (Tumornekrosefaktor alpha) und Interleukin-1β ausschütten.

  • Ergebnis: Entzündungen gehen zurück, Gelenke werden beweglicher.


Die Stimulation findet einmal täglich für eine Minute statt. Aufgeladen wird das Implantat drahtlos einmal wöchentlich.



Wie groß ist das Implantat und wo wird es eingesetzt?


Das Gerät ist ungefähr so groß wie eine Multivitamin-Tablette. Es wird unter die Haut im Brust- oder Halsbereich implantiert. Ein dünner Draht legt sich um den rechten Vagusnerv am Hals. Die Lebensdauer des Implantats ist auf zehn Jahre ausgelegt.



Welche Vorteile hat die Vagus-Stimulation gegenüber Medikamenten?


Wirkung ist vergleichbar mit modernen Biologika. Aber im Gegensatz zu Biologika macht das Implantat das Immunsystem vermutlich nicht anfälliger für Infekte.



Welche Risiken gibt es?


Zu den Risiken des Eingriffs gehören Infektionen oder verzögertes Verheilen der Wunde. Rund zwei Prozent der Patienten und Patientinnen waren vorübergehend heiser. In einem Fall trat eine teilweise Stimmbandlähmung auf, die aber zurückgebildet werden konnte.


Dauerhafte Nebenwirkungen nach dem Einsetzen sind bislang nicht dokumentiert. Jedoch fehlen Daten zum langfristigen Einsatz des Implantats.




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Gibt es eine Zulassung?


Ja, die FDA (US-Zulassungsbehörde) hat das Implantat am 30. Juli 2025 als weltweit erstes Gerät dieser Art für die Behandlung für die Autoimmunkrankheit rheumatoide Arthritis zugelassen.


In Deutschland und Europa gibt es keine Zulassung. Der Hersteller Setpoint Medical hat bisher keinen Antrag gestellt, und es ist unbekannt, ob es eine Zulassung beantragen will.



Für wen könnte die Therapie geeignet sein?


Vor allem für schwer erkrankte Patientinnen und Patienten, die auf herkömmliche Therapien nicht ausreichend ansprechen oder die Medikamente nicht vertragen.



Können Atemübungen oder Kälte den Vagusnerv ähnlich aktivieren?


Ja – Atemübungen, Meditation oder Kälte reizen den Vagusnerv kurzfristig. Sie können Stress senken und die Balance im vegetativen Nervensystem verbessern. (Hier liest du mehr) Um eine schwere Autoimmunerkrankung in den Griff zu bekommen, reicht dieser Effekt aber nicht aus.



Was bedeutet das für die Zukunft?


Forschende sehen die Vagusnerv-Stimulation als ein neues Feld: Der Vagus hat rund 200.000 Nervenfasern, die spezifische Aufgaben übernehmen. Wenn künftig genau bekannt sein sollte, welche Bahnen für welche Organe zuständig sind, könnten viele neue Therapieansätze entstehen – nicht nur für Rheuma, sondern auch für andere Autoimmun- und Entzündungserkrankungen.


Quellen:



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Über die Autorin


Martina Janning | Rheuma Coach & Psychologische  Beraterin

Martina Janning 

Rheuma Coach, Medizinjournalistin & selbst von Rheuma betroffen


Als Rheuma Coach ist es Martinas Vision, dass Menschen mit Rheuma ohne Einschränkungen so leben können, wie es sie möchten. Martina ist seit 2017 selbst an Rheuma erkrankt. | Erfahre mehr über Martina, ihre Angebote  und abonniere ihren Newsletter. | Folge ihr auf Instagram


 
 
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